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Steueramnestie im Erbfall

Bei Überprüfung der Unterlagen des Erblassers stellt der Erbe hin und wieder fest, dass der Erblasser seine Einkünfte nicht vollständig versteuert hat.

Der Gesetzgeber kennt dieses Problem und versucht, durch sogenannte Kontrollmitteilungen, automatisierte Abrufverfahren und Jahresbescheinigungen den Druck auf den Erben zu erhöhen, die vom Erblasser hinterzogene Steuer nach zu erklären.

Hat sich der Erblasser in der Vergangenheit für ein Konto im Ausland entschieden, um den Kontrollmöglichkeiten bei den inländischen Banken zu entgehen, droht auf Grund der EU-Zinsrichtlinie ab 2005 eine Mitteilung über Kapitalerträge, die ein Inländer für ein Guthaben bei einer ausländischen Bank erhalten hat. Von einer Mitteilungspflicht sind Belgien, Luxemburg und Österreich im EG-Bereich, aber auch die Steuerfluchtländer Schweiz, Liechtenstein, Andorra, San Marino und Monaco ausgenommen. Hier ist statt der Kontrollmitteilungen ein Quellensteuerabzug vorgesehen, der bis 2010 auf 35 % ansteigen soll.

Noch gravierender für den Steuerpflichtigen ist das automatisierte Abrufverfahren, das der Gesetzgeber im Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit installiert hat. Danach kann das Finanzamt ab dem 01.04.2005 über das Bundesamt der Finanzen bei den Deutschen Banken und Kreditinstituten abrufen lassen, welche Konten und Depots ein Steuerpflichtiger dort unterhält bzw. unterhalten hat, versehen mit den persönlichen Daten und den Angaben zur Kontoeröffnung und –löschung. Die Protokolldaten sind mindestens 18 Monate aufzubewahren und spätestens nach zwei Jahren zu löschen.

Sind diese Daten dem Finanzamt bekannt, kann es, falls der Steuerpflichtige hinsichtlich seiner Kapitalerträge nicht kooperativ ist, über Einzelauskunftsersuchen bei den Banken nachfragen, welche Erträge bei den Konten oder Depots angefallen sind und welche Kontenbewegungen in den vergangenen Jahren verzeichnet wurden. Sowohl die Löschung als auch größere Kontenbewegungen in Form von Abhebungen deuten darauf hin, dass Gelder ins Ausland „verschoben“ wurden. Damit hat man einen Grund, die Steuerfahndung einzuschalten.

Stellt der Erbe fest, dass der Erblasser seine Einkünfte nicht oder nicht vollständig versteuert hat, ist er nach dem Gesetz verpflichtet, das Finanzamt über die Steuerhinterziehung zu unterrichten. Ansonsten begibt er sich in die Gefahr, selbst Steuern zu hinterziehen, was mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft werden kann.

Hier eröffnet die am 01. Januar 2004 in Kraft getretene Steueramnestie auch dem Erben die Möglichkeit der strafbefreienden Erklärung über die bisher nicht versteuerten Einnahmen des Erblassers.

Die Steuerschuld des Erblassers aus der Steuerhinterziehung wird dadurch merklich gemindert, so dass dem Erben ein höheres Nachlassvermögen verbleibt.

Die Regeln dafür lauten:

  1. Der Erbe hat die nicht erklärten Einnahmen des Erblassers aus den Jahren 1993 bis 2002 komplett nachzumelden. Die Amnestie greift jedoch nur dann, wenn der Erblasser die falsche Steuererklärung vor dem 18.Oktober 2003 abgegeben hat.
  2. Die Nachmeldung erreicht das Finanzamt rechtzeitig - spätestens zum 31.03.2005.
  3. Die nach zu entrichtende Steuer wird innerhalb einer Frist von 10 Tagen nach Abgabe der Erklärung gezahlt.

Das Gesetz schreibt keine besondere Form für die Erklärung, Steuern hinterzogen zu haben, vor. Es reicht aus die Angabe "nicht erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Jahren 1998 bis 2002 in Höhe von 100 000 Euro".

Der Erbe muss die selbst oder - was zu empfehlen ist – in Zusammenarbeit mit einem Steuerfachmann selbsterrechnete Steuer innerhalb von 10 Tagen nach Abgabe der Erklärung zahlen. Entsprechende Liquidität wird also vorausgesetzt.

Auch sollte der Erbe, bevor er eine solche Erklärung abgibt, mit einem Steuerberater oder einem im Steuerrecht tätigen Rechtsanwalt die Option einer Selbstanzeige prüfen. Meist ist aber die Amnestie mit ihrem pauschalen Steuersatz, kombiniert mit einer niedrigeren Bemessungsgrundlage, günstiger.

Letztere beträgt bei der Einkommensteuer 60 % der Bruttoeinnahmen, bei der Erbschaftssteuer 20 % der steuerpflichtigen Erwerbe.

Wer also 100 000 Euro Zinseinnahmen verschwiegen hat, der muss 60 % davon, somit 60 000 Euro nachversteuern. Dies aber nicht mit seinem individuellen Steuersatz (z.B. 45 %), sondern nur mit 25 % (bis 31. Dezember 2004) oder 35 % (bis 31. März 2005).

Mit der pauschalen Nachzahlung sind auch die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag bis hin zu etwaigen Vermögenssteuern und den Hinterziehungszinsen abgegolten.

Allerdings ist zu beachten, dass die Finanzverwaltung den Abzug der Steuerschulden, die beim Erblasser auf Grund einer strafbefreienden Erklärung seines Erben angefallen sind, nicht zum Abzug als Nachlassverbindlichkeit im Rahmen der Erbschaftssteuer zulässt.

 

Fazit

Entdeckt der Erbe bei der Sichtung des Nachlasses unversteuerte Einkünfte des Erblassers, so sollte er, um sich nicht selbst strafbar zu machen, über eine Amnestieerklärung oder Selbstanzeige nachdenken. Es ist in jedem Falle zu empfehlen, sich bei Zweifelsfragen durch einen Steuerberater oder einen im Steuerrecht tätigen Rechtsanwalt beraten zu lassen.

 

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