Rechtsanwaltsvergütungsordnung - RVG
Vergütungsvereinbarungen nach dem neuen Vergütungsrecht für Rechtsanwälte
Am 1.7.2006 hat sich die Rechtsanwaltsvergütungsordnung (RVG) geändert. Die gesetzlich geregelten Gebühren für die außergerichtliche Beratung von Rechtsanwälten und Mediatoren sind weggefallen. Stattdessen soll für einen Beratungs- oder Gutachtenauftrag eine schriftliche Vergütungsvereinbarung geschlossen werden. Vergütungsvereinbarungen können aber auch für Bereiche getroffen werden, wo die gesetzliche Vergütung nicht kostendeckend oder angemessen ist.
Wird keine (oder eine unwirksame) Vergütungsvereinbarung geschlossen, hat der Anwalt Anspruch auf ein angemessenes Honorar nach § 612 BGB, bei Gutachten nach § 632 BGB. Kriterien zur Beurteilung der Angemessenheit sind nach § 14 RVG vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Sache für den Mandanten und dessen wirtschaftlichen Verhältnisse sowie das Haftungsrisiko des Anwalt. Generell wird von der Rechtsprechung vertreten, dass allein das Überschreiten der gesetzlichen Gebühren um das fünf- bis siebenfache nicht zur Unangemessenheit führt. Grundsätzlich wird Frage der Angemessenheit der Vergütung zum Zeitpunkt nach Beendigung des Mandats beurteilt.
Zu beachten sind die Höchstgrenzen des § 34 RVG. Danach können für Beratungen und Gutachten für Verbraucher maximal 250,- Euro, bei Erstberatungen sogar nur 190,- Euro in Rechnung gestellt werden. Bei mehreren Auftraggebern erhöht sich dieser Betrag um 30 %, bis maximal 200 %, pro Auftraggeber. Wird der Anwalt später mit der Vertretung beauftragt, fällt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG an, auf die die Beratungsgebühr angerechnet wird.
Treffen die Parteien eine Vergütungsvereinbarung sollten neben formellen Aspekten (s.u. II.) bestimmte Punkte beachtet werden.
I. Einzelne Vergütungstatbestände
1. Zeithonorar
Besonders häufig werden Zeithonorare vereinbart. Grundsätzlich gilt dabei zu beachten, dass kürzere Zeitabschnitte zu mehr Transparenz führen. Die Abrechnung der Stunden sollte regelmäßig, möglichst monatlich, erfolgen und die Zeiten sollten z.B. durch Stundenzettel belegt werden, um sie für den Mandanten nachvollziehbar zu machen. Die Höhe des Stundensatzes muss angemessen sein. Dies richtet sich nach Ort und Größe der Kanzlei und des Mandanten und nach den Einzelheiten des Mandats. Die gängigen Stundensätze bewegen sich zwischen 100,- Euro und 600,- Euro, teilweise auch darüber. Neben dem Stundensatz ist es sinnvoll Regelungen zu Auslagen und Nebenkosten zu treffen.
2. Pauschalhonorar
Die Vereinbarung von zeit- und/ oder aufwandsabhängigen Pauschalhonoraren ist zulässig. Ratsam ist es hier Regelungen für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Mandats zu treffen. So können z.B. pauschale Beträge für abtrennbare Tätigkeiten bzw. Verfahrensabschnitte festgelegt werden. Auch hier sollten Aufzeichnungen über Tätigkeit und Zeitaufwand erfolgen. Bei Dauerberatungsmandaten sollte die Tätigkeit und die zu erbringende Beratungsleistung möglichst genau beschrieben und festgelegt werden, ob auch die Vertretung in gerichtlichen Verfahren inbegriffen ist.
3. Anwendung von gesetzlichen Gebührensätzen
Die Parteien können die Anwendung der bis zum 30.6.2006 geltenden Regelungen des RVG oder die Gebührentatbestände der bis zum 30.6.1994 geltenden Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) vereinbaren. Ausländisches Gebührenrecht darf nur angewendet werden, wenn das Mandat zumindest Auslandsbezug hat. Denkbar ist ferner, das Gebührenrecht nur für bestimmte Tatbestände anzuwenden oder zu vereinbaren, dass bestimmte Gebühren mehrfach oder ein vielfaches dieser Gebühr anfällt. So ist es zulässig, den Anfall einer Beweisgebühr (nach BRAGO) zu vereinbaren oder die Abrechnung einer Terminsgebühr für jeden durchgeführten Termin – dies wird besonders in Sorgerechtsverfahren oder Strafsachen sinnvoll sein.
4. Streitwertvereinbarung
Neben der Höhe der Gebühren, kann auch die Höhe des Gegenstandswertes durch Vereinbarung festgelegt werden, wenn der gesetzlich bestimmte Streitwert zu keiner angemessenen Vergütung führt wie beim Versorgungs- oder Zugewinnausgleich oder in Nachbarrechtsstreitigkeiten.
5. Andere Vergütungsarten
Möglich ist auch eine andere Gegenleistung als Geld zu vereinbaren. So können z.B. Sachen übereignet, Forderungen abgetreten oder Dienstleistungen erbracht werden. Die Übereignung von Geschäftsanteilen kann wegen der Nähe zum Erfolgshonorar (s.u.) problematisch sein.
6. Erfolgshonorar
Erfolgshonorare und quota litis (Vergütung durch Einbehalt eines Teils der erzielten Forderung) sind nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (§ 49 b II BRAO) unzulässig. Darunter fällt aber nicht die Vereinbarung gesetzliche Gebühren im Erfolgsfall zu erhöhen. Strittig ist bislang für welche Art von Gebühren dies gelten soll. Überwiegend wird angenommen, dass für den Erfolgsfall jede Vereinbarung zulässig ist, wenn im Falle des Misserfolges mindestens die gesetzliche Gebühr geschuldet wird. Wichtig ist, dass eine solche Vereinbarung vor Beendigung des Mandats getroffen wird. Nichtanwaltliche Tätigkeiten z.B. Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker, Treuhänder oder Schiedsrichter unterliegen nicht dem Verbot des Erfolgshonorars.
7. Prozesskostenhilfe
Ist der Rechtsanwalt seinem Mandanten im Wege der Prozesskostenhilfe zugeordnet, kann er keine Vergütung von seinem Auftraggeber verlangen. Gebührenschuldner ist allein die Staatskasse. Dennoch ist eine Vergütungsvereinbarung nicht unzulässig. Sie begründet lediglich keinen durchsetzbaren Anspruch. Zahlt der Mandant freiwillig und vorbehaltlos, kann er das Gezahlte nicht zurück fordern. Eine Vereinbarung ist ferner für die Tätigkeiten möglich, die von der Beiordnung nicht erfasst werden oder für die keine Prozesskostenhilfe gewährt bzw. diese aufgehoben wurde.
8. Rechtsschutzversicherung
Fraglich ist, welche Gebühren zukünftig von den Rechtschutzversicherungen übernommen werden, da bislang nur die gesetzliche Vergütung ersetzt wurde, die nunmehr weggefallen ist. Der Anwalt sollte den Umfang des Deckungsschutzes vorab mit der Versicherung klären und den Mandanten entsprechend informieren.
II. Formvorschriften
Vergütungsvereinbarungen müssen schriftlich vom Auftraggeber (Mandanten) erklärt werden (§ 4 I 1 RVG). Da dies eine eigenhändige Namensunterschrift voraussetzt, erfüllt eine Vereinbarung per Fax oder Email diese Voraussetzung nicht. Werden von den Parteien höhere als die gesetzlichen Gebühren vereinbart (z.B. für gerichtliche Verfahren), gelten weitere Formvorschriften. Die Vergütungsvereinbarung darf nicht in der Anwaltsvollmacht enthalten sein, auch nicht, wenn sie deutlich abgesetzt ist. Ist das Schriftstück nicht vom Auftraggeber verfasst, muss es als "Vergütungsvereinbarung" bezeichnet sein und von anderen Vereinbarungen, wie z.B. Gerichtsstandsvereinbarungen oder Haftungsbeschränkungen, deutlich abgesetzt sein. Bei Verletzung dieser Formvorschriften tritt eine Heilung durch die freiwillige und vorbehaltlose Zahlung des Mandanten ein. Dabei muss dieser nicht wissen, dass ein Anspruch auf höhere Gebühren aufgrund der Formfehler nicht bestand.
Bei der Vereinbarung niedrigerer Vergütung muss ein angemessenes Verhältnis zur Leistung, Verantwortung und Haftung des Anwalts bestehen. Gesetzlich vorgesehen sind niedrigere Vergütungen für das Mahnverfahren sowie für Teile des Zwangsvollstreckungsverfahren (§ 4 RVG). Grenzen der Vergütungsvereinbarung sind die Tatbestände der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB). In diesem Fall ist die Vereinbarung nichtig und es wird die gesetzliche Vergütung geschuldet. Zu beachten sind die Vorschriften zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß §§ 307 ff. BGB. Insbesondere darf der Auftraggeber durch die Vergütungsvereinbarung nicht unangemessen benachteiligt werden.
Bei Streitigkeiten und weiteren Fragen zu Vergütungsvereinbarungen stehen die Rechtsanwaltskammern sowohl Anwälten als auch Mandanten zur Verfügung. Die Anschriften der regionalen Kammern finden Sie auf der Homepage der Bundesrechtsanwaltskammer unter www.brak.de.
Caren von der Heydt, Rechtsanwältin, Hamburg
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