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Donnerstag, 13. Dezember 2007

Mehr Verbraucherrechte: Neues Versicherungsvertragsgesetz

Berlin/Hamburg (dpa/tmn) - Garantiezins, Überschussbeteiligung, leichte oder grobe Fahrlässigkeit - die meisten Versicherungskunden suchen Hilfe bei der Schlichtungsstelle der Branche, weil sie schlichtweg nicht alles verstanden haben.


Ist bei Unfällen grobe Fahrlässigkeit im Spiel, gibt es kein Geld von der Kaskoversicherung - künftig ist der Grad des Verschuldens wichtig. (Bild: dpa/tmn)

Berlin/Hamburg (dpa/tmn) - Garantiezins, Überschussbeteiligung, leichte oder grobe Fahrlässigkeit - die meisten Versicherungskunden suchen Hilfe bei der Schlichtungsstelle der Branche, weil sie schlichtweg nicht alles verstanden haben.

Nun soll vieles klarer werden: Zum 1. Januar tritt das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Kraft, mit dem der Gesetzgeber die Anbieter zu mehr Verbraucherschutz zwingt. Betroffen sind zunächst all jene, die nach dem 1. Januar einen neuen Vertrag schließen. Ein Jahr später, mit Beginn 2009, werden die neuen Regeln dann auch auf Altverträge angewandt. Branche und Verbraucherschützer gehen davon aus, dass der Verbraucherschutz besser wird - laut dem Branchenverband GDV wird dieser aber auch «nicht umsonst» zu haben sein.

WEGFALL DES ALLES ODER NICHTS-PRINZIPS BEI GROBER FAHRLÄSSIGKEIT: «Das ist der wichtigste Punkt von allen», sagt Hubert van Bühren, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein in Berlin. Er betrifft alle Arten von Sachversicherungen wie Hausrat, Kfz-Versicherung oder Rechtsschutz. «Wenn Sie die Balkontür offen gelassen haben oder bei Rot über eine Ampel fahren - da haben Sie bisher keine Leistung erhalten. Künftig muss der Schaden entsprechend dem Maß des Verschuldens ausgeglichen werden», sagt der Anwalt aus Köln. Das Prinzip «Null oder 100 Prozent» wird damit langfristig einer Quotenregelung weichen.

SCHNELLER HÖHERE RÜCKKAUFSWERTE: Wer seine Kapital-Lebensversicherung heute nach kurzer Zeit wieder kündigt, bekommt vom eingezahlten Geld nicht alles zurück. Die Versicherer begründen das damit, dass die Kosten für Vertrieb, Vertragsabschluss und Verwaltung zunächst einmal mit dem Geld beglichen werden müssen - sie werden auf die ersten Jahre gestreckt. «Bislang zahlten manche Versicherer zwei, drei Jahre überhaupt keinen Rückkaufswert - da stand dann eine Null», erläutert Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. Künftig müssen die Abschlusskosten auf die ersten fünf Jahre nach Vertragsabschluss gestreckt werden, damit sofort Rückkaufswerte entstehen. Diese Regelung gilt nur für nach dem 1. Januar 2008 geschlossene Verträge.

BETEILIGUNG AN STILLEN RESERVEN: Lebensversicherer bilden aus dem Geld ihrer Kunden sogenannte stille Reserven. Denn den Kunden kommt lediglich der als Überschussbeteiligung am Kapitalmarkt erwirtschaftete Gewinn zugute. Jetzt sollen die Einzahler «angemessen an den noch mit ihren Prämien erwirtschafteten, noch nicht realisierten Gewinnen beteiligt» werden, heißt es beim Bundesjustizministerium. Das bedeutet zum einen, die Unternehmen müssen die stillen Reserven offenlegen und Kunden jährlich über den auf sie entfallenden Teil unterrichten. «Und der Gesetzgeber hat gesagt: Versicherer müssen beim auf die Beiträge des Kunden zurückzuführenden Teil bei Vertragsende mit ihm Fifty-Fifty machen», erläutert Rudnik.

VORVERTRAGLICHE ANZEIGEPFLICHT: Bislang müssen Antragsteller zum Beispiel bei der Hausratversicherung alles angeben, was für die Risikoeinschätzung relevant sein könnte - zum Beispiel einen Gewerbebetrieb im Erdgeschoss oder nebenan, der die Einbruchs- oder Schadensgefahr erhöht. Von dieser Anzeigepflicht wird der Kunde nun entbunden. Das Risiko, ob bestimmte Daten für den Versicherer wichtig sind, trägt er nun selbst und muss von sich aus fragen - und zwar schriftlich. Das gilt auch für die Gesundheitsfragen beim Beantragen einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

POLICENMODELL UND PRODUKTINFORMATIONSBLATT: Künftig soll der Kunde schon vor Abschluss einer Police eine knappe Zusammenfassung der wichtigsten Produkteigenschaften seiner Versicherung bekommen sowie alle Unterlagen. «Das Wesentliche auf zwei Seiten», so beschreibt das Peter Schwark vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. Die Versicherungsunternehmen befürchten eine «Papierflut» - und höhere Kosten. Ob sich mehr Kunden durch die Paragrafen beißen, muss wohl in der Tat die Zukunft zeigen. Selbst Ombudsmann Wolfgang Römer sagte in der Diskussion um das Gesetz: «Wann der Kunde die Versicherungsbedingungen nicht liest, ist schließlich egal.»


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