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Alkohol am Steuer


4. Vorsatz oder Fahrlässigkeit bei Alkoholdelikten

Für das Strafmaß und die Sperrfrist ist es oft nicht von Bedeutung, ob die Verurteilung wegen einer folgenlosen Trunkenheitsfahrt oder wegen einer Straßenverkehrsgefährdung wegen vorsätzlicher oder nur fahrlässiger Begehung erfolgt. Das Ergebnis ist jedoch ausschlaggebend dafür, ob nach einer Verurteilung Deckungs- und Kostenschutz von einer für den Täter bestehenden Rechtsschutzversicherung gewährt werden muss: Die Rechtsschutzversicherung muss nur dann für die gesamten Gerichts- und Anwaltskosten eintreten, wenn keine rechtskräftige Verurteilung wegen Vorsatz erfolgt. Aus diesem Grund macht es Sinn, gegen Strafbefehle, in denen von vorsätzlicher Tatbegehung ausgegangen wird, Einspruch einzulegen, denn richtigerweise dürfte eine Vorsatzverurteilung nur in seltenen Fällen beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erfolgen.

Bestrafungen wegen vorsätzlicher Begehungsweise setzen voraus, dass der Täter im Augenblick des Fahrtantritts seine Fahrunsicherheit kannte oder zumindest mit ihr rechnete und sie bei seiner Fahrt billigend in Kauf nahm. Dagegen ist das Bewusstsein, angesichts der genossenen Alkoholmenge nicht mehr fahren zu dürfen etwas ganz anderes als das Bewusstsein, nicht mehr fahren zu können. Auf das Vorliegen von Vorsatz darf letztendlich keineswegs nur aus der Höhe der Blutalkoholkonzentration geschlossen werden. Der Vorsatz muss zudem im Augenblick der Tatbegehung vorliegen, d. h. bei Fahrtantritt. Weiterhin darf nicht übersehen werden, dass sich mit wachsender Trinkmenge eine starke Kritikunfähigkeit gegenüber dem eigenen Fahrunvermögen einstellt. Nach einschlägigen Veröffentlichungen haben die Ergebnisse von Trinkversuchen eindeutig gezeigt, dass die Versuchspersonen nach Alkoholgenuss ihre eigene Fahrtüchtigkeit nicht richtig einschätzen konnten, und zwar umso schlechter, je höher die Blutalkoholkonzentration war.

Indizien für Vorsatz können sein:

  • Trinken in Fahrbereitschaft und einschlägige Vorstrafen
  • Weiterfahrt trotz bemerkten Fahrfehlers
  • ausdrückliche Warnung vor Fahrtantritt oder bei Fahrtunterbrechung
     

keine Indizien für Vorsatz müssen sein:

  • erhebliche Trinkmenge
  • Täter fährt mit Pkw selbst zur Gaststätte oder Täter benutzt Schleichweg
  • Täter lässt sich zum Trinkort bringen, fährt dann aber doch selbst nach Hause
  • Täter flüchtet vor Polizeikontrolle
  • Zeitpunkt der Fahrt, z. B. am Geburtstag abends
  • besonders vorsichtige, langsame Fahrweise oder Fahren von Schlangenlinien
  • auffälliges Verhalten bei der Blutentnahme 
     

5. Bestimmung der Blutalkoholkonzentration bei Alkoholdelikten

Der Alkohol wird während und nach dem Trinken in das Blut überführt (sog. Resorptions- oder Anflutungsphase). Diese Resorption ist in der Regel zwei Stunden nach Trinkende – d. h. nach dem letzten Schluck –abgeschlossen und ab diesem Zeitpunkt nimmt der Alkoholgehalt im Blut nicht mehr zu. Aber auch schon während des Trinkens und danach wird der im Blut befindliche Alkohol wieder abgebaut. Der persönliche Alkoholabbau ist abhängig von Geschlecht, Körpergewicht und individuell abweichenden Abbaueigenschaften. Es gilt, dass die Mindestabbaugeschwindigkeit bei 0,1 Promille pro Stunde liegt. Aufgenommener Alkohol, der zu einer Blutalkoholkonzentration von 2,00 Promille geführt hat, ist somit nach 20 Stunden nach Trinkbeginn abgebaut.

Eine Blutalkoholuntersuchung ergibt den Laborwert zum Zeitpunkt der Blutentnahme. Strafrechtlich relevant ist jedoch der Wert zum Tatzeitpunkt. Dieser ist mit einer Untersuchung nicht mehr feststellbar, da er sich nach der Tat durch die weiter stattfindende Resorption noch erhöht haben kann. Daher darf man nicht einfach rückwärts rechnend den Wert zum Zeitpunkt der Untersuchung mit 0,10 Promille pro Stunde bis zum Tatzeitpunkt erhöhen (dies ist nur dann zulässig, wenn wirklich feststeht, dass die Resorptionsphase zum Zeitpunkt der Tat bereits sicher abgeschlossen war, also wenn die Tat frühestens zwei Stunden nach dem Trinkende stattfand). Steht das genaue Trinkende nicht fest und kann deshalb nicht von einer abgeschlossenen Resorption zum Tatzeitpunkt ausgegangen werden, dann darf nicht zurückgerechnet werden, sondern es muss zugunsten des Beschuldigten unterstellt werden, dass der Blutalkoholgehalt zur Vorfallszeit nicht höher war als zum Zeitpunkt der Blutentnahme.

Wenn es darum geht, ob ein Beschuldigter zum Tatzeitpunkt in seiner Schuldfähigkeit infolge des Alkoholgenusses beeinträchtigt war, muss der Wert von maximal 0,20 Promille pro Stunde für die Rückrechnung herangezogen werden, da die wissenschaftlich festgestellten Abbauwerte einen Schwankungsbereich zwischen 0,10 und 0,20 Promille pro Stunde haben. Diese Art der Rückrechnung erfolgt aufgrund des Grundsatzes „Im Zweifel für den Angeklagten“. Wenn zwischen Tat und Blutentnahme ein längerer Zeitraum vergangen ist ergeben sich in der Praxis recht große Unterschiede.

Grundsätzlich darf eine Messung des Alkoholpegels jedoch erst nach 20 Minuten nach dem Trinkende durchgeführt werden.

Beispiel 1:

Trinkende 13:30 Uhr

Tatzeit 14:00 Uhr

Blutentnahme 17:00 Uhr mit dem Ergebnis 1,00 Promille.

Keine Rückrechnung zulässig, da die Resorption noch nicht sicher abgeschlossen war. Es wird von 1,00 Promille zur Tatzeit ausgegangen.  

Beispiel 2:

Trinkende 11:30 Uhr

Tatzeit 14:00 Uhr

Blutentnahme um 17:00 Uhr mit dem Ergebnis 1,00 Promille

Rückrechnung zulässig, für den Tatzeitpunkt können 3 x 0,10 Promille = 0,30 Promille hinzugerechnet werden -> man geht von 1,30 Promille zum Tatzeitpunkt aus

Beispiel 3:

Trinkende 15:30 Uhr

Tatzeit 18:00 Uhr

Blutentnahme um 22:00 Uhr mit dem Ergebnis 2,00 Promille

Rückrechnung zugunsten des Beschuldigten zulässig -> es wird geprüft, ob er eventuell unter verminderter Schuldfähigkeit handelte. Die Rückrechnung mit 4 x 0,20 Promille führt zu dem Ergebnis, dass zum Tatzeitpunkt möglicherweise 2,80 Promille auf den Täter eingewirkt haben.

 

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