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Freitag, 20. Oktober 2006

Kosten eines Busfuehrerscheins als Werbungskosten

Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied mit Urteil vom 29. August 2006, dass bei einem Arbeitnehmer Aufwendungen für den Erwerb des Busführerscheins sowohl Fortbildungskosten als auch als vorweggenommene Werbungskosten darstellen und daher als beruflicher Aufwand steuerlich abzugsfähig sein können.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied mit Urteil vom 29. August 2006, dass bei einem Arbeitnehmer Aufwendungen für den Erwerb des Busführerscheins sowohl Fortbildungskosten als auch als vorweggenommene Werbungskosten darstellen und daher als beruflicher Aufwand steuerlich abzugsfähig sein können.

Der 54jährige Kläger war als angestellter Maschinenführer beschäftigt. Zuvor war der Kläger über viele Jahre hauptberuflich als Lkw-Fahrer tätig gewesen. Im Juni 2003 wurde dem Kläger betriebsbedingt gekündigt. Da die Schließung des Betriebes bereits zu Jahresanfang absehbar war, hatte sich der Kläger im März 2003 beim Arbeitsamt für „Fabrikarbeit, Fahrerstellen Klasse 2“ als arbeitssuchend gemeldet und zur Verbesserung seiner Chancen am Arbeitsmarkt einen Busführerschein erworben. Finanzielle Unterstützung bekam er vom Arbeitsamt hierfür nicht. Im Dezember 2003 schloss er mit der Nachfolgefirma einen neuen Arbeitsvertrag als Umspuler ab. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für „Fortbildung Busführerschein“ in Höhe von 2.431,60 EUR geltend. Zur Begründung erklärte er, er habe gehofft, als Busfahrer größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben und habe sich auch bei verschiedenen Busunternehmen beworben. Den neuen Arbeitsvertrag habe er abgeschlossen, weil er bis zu diesem Zeitpunkt als Busfahrer keinen Arbeitsplatz gefunden habe und in seinem Alter nicht habe arbeitslos werden wollen. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen für den Busführerschein nicht als Werbungskosten, sondern als Aus- oder Weiterbildungskosten bei den Sonderausgaben mit dem Höchstbetrag von 920,-EUR.

Die vom Kläger erhobene Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg hatte Erfolg. Das Finanzgericht verpflichtete das Finanzamt, die Aufwendungen für den Erwerb des Busführerscheins als Werbungskosten in voller Höhe anzuerkennen. Die Aufwendungen stellten zum einen Fortbildungskosten dar. Bei diesen handele es sich um beruflich veranlasste Weiterbildungskosten in einem erlernten und ausgeübten Beruf. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Der Kläger habe den Beruf des Lkw-Fahrers bereits in den 70-iger Jahren mit dem Erwerb des entsprechenden Führerscheins erlernt und ausgeübt. Das Fahren von Kraftfahrzeugen gehöre demnach zu seiner Berufsausübung.

Die Aufwendungen seien zum anderen auch als vorab entstandene Aufwendungen (vorweggenommene Werbungskosten) zu berücksichtigen. Werbungskosten könnten, auch wenn der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen erziele, schon anfallen, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stünden. Diese Voraussetzungen habe der Kläger anschaulich und glaubhaft dargelegt. Dass er Arbeitsstellen als Busfahrer letztlich nicht bekommen habe, sei unerheblich. Komme es entgegen der Erwartung des Steuerpflichtigen nicht zur Erzielung von Einkünften, sei von vergeblich vorab entstandenen Werbungskosten auszugehen, die steuerlich anzuerkennen seien. Der Erwerb des Busführerscheins sei vorliegend auch nicht der privaten Lebensführung zuzurechnen. Nach der Lebenserfahrung könne angenommen werden, dass die private Benutzung eines Bus- und LKW Führerscheins, anders als bei einem PKW-Führerschein, von untergeordneter Bedeutung und der Erwerb Voraussetzung für die erstmalige Anstellung oder das berufliche Fortkommen eines Berufskraftfahrers sei. Beim Erwerb des Busführerscheins hätten auch nicht private Neigungen, Interessen oder Liebhaberei des Klägers im Vordergrund gestanden; eben sowenig habe er vorrangig der Erweiterung der Allgemeinbildung gedient. Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 29. August 2006 - 14 K 46/06 –

 

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