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Die bekanntesten Rechtsirrtümer und Verbraucherfallen

Recht kann häufig sehr kompliziert sein. Vor allem juristische Laien verlieren schnell den Überblick im deutschen Paragraphen-Dschungel.

Auf den folgenden Seiten finden Sie die bekanntesten und häufigsten Rechtsirrtümer und Verbraucherfallen.


Rechtsirrtum Nr. 9: Wer auffährt, hat Schuld

Die Situation sieht man immer wieder im Straßenverkehr: Eine Sekunde nicht aufgepasst und schon ist es passiert – man hängt auf dem vorderen Wagen. Im Allgemeinen gilt dann: Wer auffährt, hat Schuld.

Doch diese Faustregel ist ein weit verbreiteter Rechtsirrtum!

Bei einem Auffahrunfall geht man in der Regel davon aus, dass der Auffahrende zu schnell war und zu wenig Abstand zu seinem Vordermann gehalten hat. Es spricht daher zunächst einmal der so genannte „Beweis des ersten Anscheins“ für die Schuld des Auffahrenden. 

Der ideale Autofahrer muss sich vorausschauend im Straßenverkehr bewegen und einen Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern einhalten, der es noch erlaubt, auf unvorhersehbare Ereignisse zu reagieren.

An einem Auffahrunfall hat nicht unbedingt der Auffahrende schuld, denn Schuld hat immer derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Verkehrsregeln verstoßen und dadurch den Unfall verursacht hat. So kann die Schuld auch beim Vordermann liegen, wenn er völlig unvermittelt eine Vollbremsung macht und dadurch den Unfall verursacht. Die Schuldfrage ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig.

Ein Autofahrer, der eine Vollbremsung risikiert, weil kleine Tiere über die Straße laufen, die er nicht töten will, muss unter Umständen die Hälfte des Schadens tragen. Bei großen Tieren sieht das jedoch anders aus, da hier eine Kollision mit dem Tier gefährliche Folgen für den Menschen haben könnte.

Bei Massenkarambolagen auf Autobahnen wird die Schuldfrage besonders schwierig. Hier passiert es häufig, dass ein rechtzeitig anhaltendes Fahrzeug von einem sich zu schnell nähernden Fahrzeug von hinten gerammt wird und schuldlos in das vordere Fahrzeug geschoben wird.

Grundsätzlich muss rekonstruiert werden, was sich wirklich zugetragen hat.

Es gibt u.a. folgende Fälle bei denen der Auffahrende nicht zahlen mußte:

Eine Autofahrerin fuhr an einer grünen Linksabbiegerampel einem Fahrzeug auf, welches erst losfuhr und dann plötzlich eine Vollbremsung machte, Da das Fahrzeug vor ihr ohne verkehrsbedingten Grund abbremste, musste die Auffahrende nicht zahlen. Für die Richterin war der geringe Abstand zum Vordermann unerheblich: Im Großstadtverkehr müssen die Grünphasen an der Ampel ausgenutzt werden. Damit der Verkehr nicht behindert wird, sei es zulässig - so das Gericht – an der grünen Ampel mit geringem Abstand loszufahren. Dieses Urteil fällte das Amtsgericht München am 27. Juli 2001 (AZ: 345 C 10019/01).

In einem anderen Fall fädelte sich ein Autofahrer von einer Autobahnauffahrt kommend, direkt auf die Überholspur ein. Ein sehr schnell fahrendes Auto konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und fuhr auf. Auch hier musste der Auffahrende nicht zahlen.

Vorsicht: Es gibt viele Betrüger, die sich den „Beweis des ersten Anscheins“ zu Nutze machen und bewusst Auffahrunfälle provozieren!

 

Auszug eines Urteils des KG vom 13.02.2006,   AZ 12 U 470/05 

1.Treffen starkes Bremsen ohne zwingenden Grund sowie Unaufmerksamkeit und/oder unzureichender Sicherheitsabstand zusammen, so fällt der Beitrag des Auffahrenden grundsätzlich doppelt so hoch ins Gewicht. Das führt dazu, das der Auffahrende vom Vorausfahrenden regelmässig Schadensersatz nach einer Quote von 1/3 verlangen kann.

2. Die Mithaftung des Vorausfahrenden ist umso grösser, je unwahrscheinlicher ein starkes plötzliches Abbremsen ist.

3. Vollzieht der mit einem Automatik-Fahrzeug nicht vertraute Vorausfahrende in einem Abstand von 75 - 100 m vor einer roten Ampel plötzlich eine Vollbremsung, weil er mit dem linken Fuss - in der Vorstellung, eine Kupplung zu treten - kräftig auf die Bremse tritt, kommt im Verhältnis zu dem unaufmerksam Auffahrenden eine Haftungsverteilung von 50 : 50 in Betracht. (Aus den Gründen: ...Je nach den Umständen des Einzelfalles kommt eine Haftung des Abbremsenden mit einer Quote von 1/2 oder sogar dessen volle Haftung in Betracht...).

Quelle: ADAC

 

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