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Stichwörter: FahrlässigkeitVerschulden
Donnerstag, 21. Februar 2008

Neuerungen für Versicherte: Kein «Alles oder Nichts» mehr

Berlin/Hamburg (dpa/tmn) - Verbraucher gehen künftig auch bei grober Unachtsamkeit nicht mehr leer aus, wenn sie Geld von ihrer Versicherung fordern. Bislang war die «grobe Fahrlässigkeit» ein Ausschlussgrund dafür, dass im Schadensfall Geld fließt.


Langfinger an der gekippten Balkontür - künftig ersetzt die Hausratversicherung Verluste auch bei grober Fahrlässigkeit zumindest anteilig. (Bild: Schierenbeck/dpa/tmn)

So zahlte die Hausratversicherung bei einer offenen Terrassentür im Erdgeschoss meist bislang nicht, wenn der Fernseher und der Laptop bei der Heimkehr gestohlen waren. Und wer betrunken Auto fuhr, musste Schäden und Ansprüche selbst begleichen. Dieses Alles-oder-Nichts-Prinzip weicht jetzt einer Einzelfallentscheidung.

Künftig müssen Versicherer abwägen, als wie gravierend das Verschulden des Versicherten in solchen Fällen zu werten ist. Je nach Schwere des Verschuldens wird die Zahlung gekürzt, erläutert das Bundesjustizministerium in Berlin. Hintergrund ist das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG), das zu Jahresbeginn in Kraft getreten ist. Mit dem neuen Regelwerk zwingt der Gesetzgeber die Anbieter von Schadenspolicen zu mehr Verbraucherschutz. Betroffen sind zunächst all jene, die einen neuen Vertrag schließen. Mit Beginn 2009 werden die neuen Regeln auch auf Altverträge angewandt.

«Wenn Sie die Balkontür offen gelassen haben oder bei Rot über eine Ampel fahren, haben Sie bisher keine Leistung erhalten», sagt Hubert van Bühren, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein in Berlin. Ein anderes Beispiel sei, wenn in der Ferienwohnung die Heizung im Winter nicht richtig eingestellt ist und ein Schaden durch Frost entsteht. Auch unbeaufsichtigte Kerzen, die Hausrat in Brand stecken, fielen bislang dem Versicherten zur Last. Ebenso war er im Nachteil beim Rauchen und Telefonieren mit dem Handy während der Autofahrt, fügt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg hinzu.

«Viele Versicherungen haben schon vorher so reguliert und bei einer Klage dem Verbraucher ein Kulanzangebot gemacht.» Jetzt müssten die Gerichte nach und nach die Quoten für verschiedene Fälle festlegen. «In der Schweiz gibt es heute schon eine Tabelle mit Quoten, wie Versicherer bei 0,8 Promille oder 0,6 Promille zu verfahren haben. Das werden wir in Deutschland in zehn Jahren sicher auch haben», sagt van Bühren, der als Anwalt in Köln tätig ist.

Auch laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin kommt das Prinzip «Alles oder Nichts» pauschal schon länger nicht mehr zur Anwendung - jetzt wird es auch gesetzlich abgeschafft. Und viele Versicherer wollen die neuen Regeln schon in diesem Jahr auch auf Altverträge anwenden. «Wie groß war das eigene Verschulden?», wird laut Peter Schwark vom GDV also zur Leitfrage. Wer beim brandneuen Auto den Schlüssel stecken lässt, könne aber weiterhin «nicht viel» erwarten.

Denn ausgenommen von den Neuerungen sind weiter vorsätzliche, mutwillige Beschädigungen. Auch wer arglistig handelt und zum Beispiel beim Abschluss einer Hausratversicherung bewusst falsche Angaben über den Wert des versicherten Hausstands macht und das nachgewiesen bekommt, sollte nicht auf eine Zahlung hoffen.


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