Suche:
Stichwörter:
Montag, 5. Februar 2007

Was der Verlobte nicht weiß, ...

... macht den Ehemann nicht heiß. Es sei denn, er erfährt es nach der Eheschließung. So beantragte ein Ehemann die Aufhebung seiner Ehe mit einer Ukrainerin, weil er ihr vorwarf, vor der Ehe jahrelang der Prostitution nachgegangen zu sein, wovon er nichts gewusst habe.


... macht den Ehemann nicht heiß. Es sei denn, er erfährt es nach der Eheschließung. So beantragte ein Ehemann die Aufhebung seiner Ehe mit einer Ukrainerin, weil er ihr vorwarf, vor der Ehe jahrelang der Prostitution nachgegangen zu sein, wovon er nichts gewusst habe. Die Ehefrau behauptete dagegen, sie sei nur für zwei Wochen Prostituierte gewesen und habe ihrem Mann vor der Hochzeit auch davon erzählt, es habe ihm aber nichts ausgemacht.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht die Aufhebung der Ehe – zu unterscheiden von der Scheidung – unter anderem dann vor, „wenn ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten“ (§ 1314 Absatz 2 Nr. 3 BGB). Das in letzter Instanz mit der Sache befasste Brandenburgische Oberlandesgericht stand also vor der Frage, ob die Prostitutionsausübung ein „besonderer Umstand“ im Sinne der Vorschrift ist und ob die Ehefrau darüber arglistig getäuscht hatte.

Das Gericht erläuterte, dass eine Täuschung durch ein Unterlassen – hier das Verschweigen der (sexuellen) Vergangenheit – nur dann relevant sei, wenn eine entsprechende Offenbarungspflicht gegenüber dem zukünftigen Ehemann bestanden habe. Für das sexuelle Vorleben bestehe in der Regel keine „Aufklärungspflicht“, es sei denn, es handele sich um ganz „außergewöhnliche Umstände“. Als Beispiel wurde z.B. der Geschlechtsverkehr mit einem nahen Verwandten des Ehemannes genannt. Bei der Frage der vorehelichen Prostitution wollte sich das Gericht nicht endgültig festlegen, tendierte aber im Grundsatz dazu, einen besonderen Umstand anzunehmen, weil „mit der Ausübung der Prostitution üblicherweise eine über das gewöhnliche Maß hinausgehe Anzahl von geschlechtlichem Verkehr mit einer über das gewöhnliche Maß hinausgehenden Anzahl wechselnder Geschlechtspartner verbunden ist. Dass ein derart außergewöhnliches sexuelles Vorleben von Bedeutung für einen Ehegatten hinsichtlich des Eingehens der Ehe ist, dürfte für den Regelfall der Prostitutionstätigkeit nahe liegen.“

Im konkreten Fall lehnte das Gericht aber eine Aufhebung der Ehe ab, weil der Ehemann nichts dafür vorgebracht hatte, dass seine Ehefrau – entgegen deren Behauptung – tatsächlich länger als zwei Wochen als Prostituierte gearbeitet hatte. Die Ausübung der Prostitution für nur zwei Wochen werteten die Richter dagegen nicht als außergewöhnlichen, eine Eheaufhebung rechtfertigenden Umstand. In der Urteilsbegründung, die ansonsten erkennbar um zurückhaltende und neutrale Argumentation bemüht ist, heißt es dazu, es habe sich wegen der nur kurzen Dauer um eine weniger bedeutungsvolle „Verfehlung“ gehandelt.

Beschluss des Brandenburgischen OLG vom 10.5.2006, Az. 9 WF 127/06

(Der Text der Entscheidung ist abgedruckt z.B. in NJW 2006, 2861.)


Weitere kuriose Urteile und Rechtsfälle



Top-Meldungen aus anderen Bereichen

Alle wichtigen Vorlagen, Arbeitshilfen und Musterverträge.

Zum Vorlagenshop >>

Kompetente Rechtsberatung per E-Mail oder per Telefon

Zur Rechtsberatung >>

Anwälte vor Ort | Am Telefon | Online
Die große Anwalt-Datenbank: Hier finden Sie den passenden Anwalt!
» Erweiterte Suche    » Suchen

Gesetze, Verordnungen, Vorschriften, etc. regeln immer öfter das menschliche Zusammenleben.
Oft verzichten Menschen aus Angst vor hohen Prozesskosten auf ihr gutes Recht. Aus diesem Grund gibt es die Rechtsschutzversicherung. [mehr...]

Der Anwaltseiten24 Newsletter
Seien Sie stets über die neuesten Rechtsmeldungen informiert.