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Mittwoch, 14. Februar 2007

Die ideologisch überfrachteten Gartenzwerge

Kleine Dinge können zu großen Auseinandersetzungen führen. So brachten es zwei 20 bis 25 cm große Gartenzwerge soweit, dass sich ein Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichtes in Hamburg in dritter Instanz mit ihnen zu befassen hatte.


Kleine Dinge können zu großen Auseinandersetzungen führen. So brachten es zwei 20 bis 25 cm große Gartenzwerge soweit, dass sich ein Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichtes in Hamburg in dritter Instanz mit ihnen zu befassen hatte.

Die Zwerge – von einem anderen Gericht schon mal als „werkstoffgewordene Stellvertreter der menschlichen Phantasie“ bezeichnet (AG Grünstadt, Urteil vom 11.02.1994, Az. 2a C 334/93) – waren im gemeinschaftlichen Garten einer Wohnungseigentumsanlage aufgestellt worden. Einer Wohnungseigentümerin sagte das jedoch gar nicht zu, weshalb sie von den Gerichten verlangte, die Nachbarn zur Entfernung dieser „Symbole der Engstirnigkeit und Dummheit“ zu verpflichten.

Das Oberlandesgericht gab ihr Recht. Die Anwesenheit der Gartenzwerge sei ein „störender Zustand“. Zwar sei bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft jeder Wohnungseigentümer zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt, jedoch nur insoweit, als den anderen Eigentümern daraus kein über das unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwächst. Diese Grenze sei überschritten worden. Bei der „rechtlichen Würdigung der Aufstellung von Gartenzwergen“ müsse berücksichtigt werden, dass insoweit ein „sozialer Bezug zum Leben der Wohnungseigentümergemeinschaft“ fehle. Die Aufstellung diene auch „keinem ästhetischen Gesichtspunkten etwa überzuordnenden praktischen Zweck.“ Die Beeinträchtigung sei schließlich nicht nur geringfügig, denn die Gartenzwerge fielen „trotz ihrer geringen Abmessungen durch ihre leuchtend rote Zipfelmütze im sie umgebenden Grün des Gartens auf und können auch von der an der Grenze verlaufenden Straße her eingesehen werden.“

Das Gericht war sich der unterschiedlichen Meinungen zum Thema Gartenzwerge bewusst und fuhr deshalb diplomatisch fort: „Mag all dies noch Raum für Zweifel an der Überschreitung des zulässigen Gebrauchs (...) lassen, so muss letztlich den Ausschlag geben, dass die Aufstellung von Gartenzwergen – anders als etwa die von ähnlich kleinen Objekten wie Vogeltränken oder einer kleinen Tierplastik – allgemein durchaus gegensätzlicher Beurteilung insbesondere im ästhetischen Bereich unterliegt, die nicht wenige Menschen in ihren Gefühlen berührt und geradezu ideologisch überfrachtet sein kann, wie das vorliegende Verfahren zeigt. Während die einen in der Aufstellung von Gartenzwergen den Ausdruck von Beschränktheit und das Zeichen eines schlechten Geschmacks sehen, sind die anderen zu mildem Urteil und humorvoller Duldung einer in einer langen Tradition begründeten Einrichtung geneigt. (...) Es kann nicht Aufgabe der Gerichte sein, in dieser vorwiegend ästhetischen Kontroverse ein Urteil zu fällen.“ Für einen Anspruch der Wohnungseigentümerin auf Entfernung der Gartenzwerge reiche es jedoch aus, dass die Aufstellung der Gartenzwerge „bei nicht wenigen Menschen den bezeichneten Anstoß erregt und deshalb letztlich zu einer nicht ganz unerheblichen Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage geeignet ist.“

Beschluss des OLG Hamburg vom 20.04.1988, Az. 2 W 7/87


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