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Montag, 16. April 2007

3,75 Promille zugunsten des Angeklagten!

Morgens um neun Uhr bei laufendem Motor, fest schlafend über das Lenkrad gebeugt und mit einer Blutalkoholkonzentration von 3,75 Promille – wer so von der Polizei geweckt wird, der ist normalerweise seinen Führerschein los und hat mit einer Geldstrafe zu rechnen.


Morgens um neun Uhr bei laufendem Motor, fest schlafend über das Lenkrad gebeugt und mit einer Blutalkoholkonzentration von 3,75 Promille – wer so von der Polizei geweckt wird, der ist normalerweise seinen Führerschein los und hat mit einer Geldstrafe zu rechnen. Normalerweise. In einem besonders gelagerten Fall führte aber gerade diese Konstellation zum Freispruch.

Zunächst reicht es für eine strafbare so genannte „Trunkenheitsfahrt“ grundsätzlich aus, dass der Motor läuft, auch wenn sich das Auto nicht fortbewegt. Der Fahrer wurde daher zunächst vom Landgericht verurteilt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hob das Urteil aber wieder auf. Zur Begründung führte es aus, dass nicht feststehe, wann sich der Angeklagte ins Auto gesetzt habe. Es sei denkbar, dass dies bereits in der Nacht zuvor geschah und der Mann dann bis zum Morgengrauen seinen Rausch ausgeschlafen habe. Das Oberlandesgericht errechnete also zugunsten des Angeklagten, welchen Alkoholgehalt dieser gehabt haben müsste, wenn er sich bereits gegen Mitternacht hinters Lenkrad begeben – bzw. auf dieses gelehnt – hätte. Es kam auf den stattlichen Wert von 3,75 Promille. Bei einem solchen Wert sei dann aber nicht auszuschließen, dass der Angeklagte zur Tatzeit schuldunfähig war und deshalb nicht bestraft werden könne. Nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) müsse deshalb eben dieser Geschehensablauf zugrunde gelegt werden, so dass der Angeklagte freizusprechen sei.

Die vom Angeklagten darauf hin beantragte Entschädigung für die zwischenzeitliche Entziehung seiner Fahrerlaubnis lehnte das Gericht jedoch ab. Auch wenn eine Verurteilung aus den genannten Gründen nicht möglich sei, habe er durch seine Trunkenheit die Einziehung (zumindest grob fahrlässig) selbst verursacht. Dies schließe eine Entschädigungszahlung aus.

Ob der Angeklagte auf den Freispruch mit Sekt oder Saft angestoßen hat, ist nicht bekannt.

Beschluss des OLG Karlsruhe vom 21.9.2004, Az. 1 Ss 102/04

(Die Entscheidung ist abgedruckt z.B. in NJW 2004, S. 3356–3357.)


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