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Montag, 12. März 2007

Die „Lusthansa“ – Humor vor Gericht

Die Lufthansa machte vor Gericht eine Verletzung ihres Namensrechts und eine Beeinträchtigung ihres Geschäftsbetriebs geltend. Derartige Ansprüche konnten aber weder das Oberlandesgericht noch das Landgericht Wiesbaden, dass wegen der Verwendung der Aufkleber auf den Dienstwagen zu entscheiden hatte, nicht erkennen. Das ehrwürdige Oberlandesgericht ließ es dabei bewenden, dass zwar „mit der Bezeichnung ‚Lusthansa’ (...) ein bestimmtes Fluidum bei der Fliegerei angesprochen und von der Vorstellung des Publikums von einer gewissen Freizügigkeit und lockeren, ungezwungenen Atmosphäre bei den Luftfahrtgesellschaften Gebrauch gemacht“ werde, sich dies aber nicht auf die Lufthansa als solche, sondern auf Fluggesellschaften im Allgemeinen beziehe.

Das Landgericht fühlte sich dagegen zu längeren – durchaus literarisch lehrreichen – Ausführungen dazu bemüßigt, warum der Ruf der Lufthansa durch den Aufkleber nicht gefährdet sei. Für eine Rufschädigung „müsste der unbefangene Durchschnittsbetrachter – auf wen sonst soll abgestellt werden – durch den Aufkleber sich veranlasst sehen, die Beklagte mit sexuellen Beziehungen in Verbindung zu bringen, bzw. ihr Unternehmen mit einem ‚Bordell-Betrieb’ gleichzusetzen. Dies kann nicht angenommen werden. Die Verwendung des Wortes ‚Lust’ in dem fraglichen Aufkleber allein bewirkt dies nicht. ‚Lust’ ist für den verständigen Betrachter gerade nicht nur eine sexuelle Empfindung. Schließlich bezeichnen auch ‚Lustgärten’ keine Kopulationsstätten, und ‚lustwandeln’ keine sexuellen Annäherungsversuche. Vielmehr stammt z. B. das Wort ‚lustwandeln’ aus der Feder des Philipp von Zesen, der in Deutschtümelei im Jahr 1645 ‚spazierengehen’ in ‚lustwandeln’ übersetzte, so hat sich das Wort ‚lustwandeln’ bis heute erhalten. Die Assoziation zu einem ‚Lust’- im Sinne von ‚Bordell-Betrieb’ könnte den verständigen Rechtsgenossen mithin allenfalls durch die gleichzeitige Abbildung zweier übereinanderfliegender Kraniche kommen. Dies erscheint ausgeschlossen. Die dargestellte Verbindung des Wortes ‚Lust’ und eines im Flug befindlichen Vogelpaares ist für den unbefangen wertenden Bürger kein Hinweis auf libidinöse Zusammenhänge. Z. B. lässt Goethe den Pylades zu Orest im 2. Aufzug (erster Auftritt) seiner Iphigenie sagen: ‚... Und Lust und Liebe sind die Fittiche zu großen Taten’. Die Kammer kann weiter als allgemein bekannt voraussetzen, dass Geschlechtsverkehr zwischen fliegenden Vögeln der abgebildeten Art weder je beobachtet noch ‚technisch’ – schon wegen des Gewichts – möglich ist. Eine Anspielung auf sexuelle Handlungen und die daraus resultierende Gleichsetzung der Beklagten mit einem Bordell-Betrieb ist von daher weder eindeutig noch augenscheinlich oder auch nur naheliegend. Es mag Betrachter geben, die den genannten Zusammenhang dennoch herstellen. Im Zweifel wird diesen aber bewusst sein, dass sie das nicht der Darstellung auf dem Aufkleber, sondern ihrer eigenen (sexuellen) Phantasie zuzuschreiben haben (Denn: „Den Reinen ist alles rein“, Paulus-Brief an Titus, 1, 15). Bewusst gewordene Assoziationen können aber nicht den Ruf desjenigen schädigen, auf den sie sich beziehen, sondern allenfalls auf den Phantasierenden selbst zurückfallen. Der Schutz dieser ‚Selbst-Blamierten’ kann der Beklagten aus keinem rechtlichen Grunde obliegen.“


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