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Stichwörter: Energieeinsparverordnung
Mittwoch, 2. April 2008

Hauseigentümer sollten die Nachrüstpflichten nicht vernachlässigen

Am 1. Oktober 2007 ist die neue Energieeinsparverordnung in Kraft getreten. Damit wird zum einen der bereits seit 2002 im Neubau vorgeschriebene Energieausweis auch für Verkäufer und Vermieter älterer Immobilien Pflicht.


ARGE Baurecht mahnt: Nachrüstpflichten 2008 nicht vernachlässigen / Bild: pixelio.de

Zum anderen zwingt die Neuregelung viele Hauseigentümer in Zukunft zu umfassenden, teuren Gebäudesanierungen. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV) hin.

Dr. Anke Leineweber, Kölner Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht sowie Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der ARGE Baurecht, resümiert die Lage in Deutschland: „Rund 80 Prozent unserer insgesamt 15 Millionen Wohngebäude in der Bundesrepublik sind vor 1980 gebaut. Diese zwölf Millionen Wohnhäuser entsprechen erfahrungsgemäß nur den zur Bauzeit geltenden DIN-Bestimmungen. Hinter den heutigen Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) liegen sie weit zurück.“

Das soll sich in den kommenden zehn bis 15 Jahren ändern. Geht es nach dem Gesetzgeber, so werden CO2-Ausstoß wie auch Energieverbrauch der Altbausubstanz durch Sanierung um 70 Prozent reduziert. Das setzt enorme Investitionen der Hausbesitzer voraus. Damit das gelingt, setzt die Legislative auf finanzielle Unterstützung durch zinsgünstige Kredite und Zuschüsse der bundeseigenen KfW-Bank ebenso wie auf den Druck des Marktes.

Ein Blick auf den ab Sommer 2008 vorgeschriebenen Energieausweis soll Mietern und Käufern sofort signalisieren, in welchem Zustand die ins Auge gefasste Immobilie ist. Je nach Ergebnis werden sie Energieschleudern meiden und sparsamen Häusern den Vorzug geben. Der Marktwert des jeweiligen Hauses, so die ARGE, wird sich über den Wertverlust alter beziehungsweise die Wertsteigerung sanierter Immobilien automatisch regulieren. Anreiz genug, so rät die ARGE, bald über die energetische Modernisierung der Altimmobilie nachzudenken.

„Neben den Anregungen und Anreizprogrammen hat der Gesetzgeber aber auch Termine sowie Fristen zur Nachrüstung gesetzt und empfindliche Bußgelder bis zu 50.000 Euro vorgesehen“, mahnt Fachanwältin Leineweber. So müssen ab 1. Juli 2008 alle Verkäufer und Vermieter von Wohneigentum, das vor 1965 gebaut wurde, ihren potenziellen Käufern und Mietern den Energieausweis vorlegen. Wurde das Gebäude nach 1965 errichtet, beginnt die Pflicht am 1. Januar 2009. Alle Besitzer gewerblich genutzter Gebäude brauchen ab dem 1. Juli 2009 bei Neuvermietung oder Verkauf den Energieausweis.

Aber auch Immobilienbesitzer, die weder vermieten noch verpachten und deshalb von rechts wegen keinen Energieausweis benötigen, müssen in diesem Jahr Fristen beachten: Bis zum 31. Dezember müssen alle Heizkessel außer Betrieb genommen werden, die vor dem 1. Oktober 1978 eingebaut wurden, auch wenn sie nach dem 1. Januar 1996 modernisiert wurden und seither die Abgasverlustgrenzwerte einhielten. Die Zeit der alten Kessel ist abgelaufen, sie müssen durch moderne Brennwert- oder Niedrigenergiekessel ersetzt werden. Das gilt auch für alle alten Anlagen der Kühl-, Klima- und Raumlufttechnik. Bis zum Jahresende müssen auch Heizungs- und Warmwasserleitungen im Wohnungsbestand gedämmt werden. Auch bislang ungedämmte Dachböden sollen dann energetisch gegenüber dem beheizten Wohnbereich abgeschottet sein.

„Das ist aber noch nicht alles“, mahnt Dr. Leineweber, „wer in Zukunft sein altes Haus grundlegend modernisiert, Heizungstechnik oder Fassaden auf Vordermann bringen lässt, der muss dabei die Vorgaben der neuen Energieeinsparverordnung erfüllen. Schon bei reinen Reparaturen können die zwingenden Nachrüstpflichten der EnEV greifen, wenn mehr als 20 Prozent der Fläche ausgebessert werden müssen, beispielsweise bei Flachdächern, Außenputz oder schadhaften Fensterflächen.“ Der Einsatz erneuerbarer Energie ist im aktuellen Gesetz zwar noch nicht vorgeschrieben, allerdings laufen die im vergangenen Dezember von der Bundesregierung verkündeten Zukunftspläne in diese Richtung. „Wer demnächst saniert, ist auf lange Sicht gut beraten, auch die erneuerbaren Energien in seine Überlegungen einzubeziehen“, empfiehlt die ARGE Baurecht.

Vielschichtige Probleme sieht die Fachanwältin auf Wohnungseigentümergemeinschaften zukommen. Dort finden sich nicht immer die erforderlichen Mehrheiten für sinnvolle und notwendige Sanierungen. Das dürfte zu Konflikten führen. Kommen dagegen Mehrheiten für die Sanierung zustande, dann fällt dem Hausverwalter große Verantwortung zu: Er muss die beschlossenen Maßnahmen umsetzen - wie natürlich auch den Energieausweis für die Gemeinschaft beschaffen. Damit er dabei alle gesetzlichen Vorschriften erfüllt, braucht er die Unterstützung von Ingenieuren, Energieberatern und Baurechtlern, die sich mit der komplexen technischen und rechtlichen Materie auskennen, um nicht selbst in die Haftungsfalle zu geraten.

Der Energieausweis in Kürze:

  • Bis 30. Juni 2008 muss niemand einen Energieausweis vorlegen.
  • Ab 1. Juli 2008 müssen Verkäufer und Vermieter von vor 1965 gebauten Immobilien den Energieausweis vorlegen.
  • Ab 1. Januar 2009 müssen Verkäufer und Vermieter von ab 1965 gebauten Immobilien den Energieausweis vorlegen.
  • Ab 1. Januar 2009 brauchen auch Vermieter und Verkäufer von Gewerbeimmobilien den Energieausweis.
  • Besitzer von Baudenkmälern benötigen keinen Energieausweis, sofern die zwingenden Vorgaben des Denkmalschutzes eine Realisierung der Forderungen der EnEV technisch unmöglich machen.
  • Bis 1. Oktober 2008 haben Hausbesitzer Wahlfreiheit, ob sie einen bedarfs- oder verbrauchsorientierten Energieausweis ausstellen lassen.
  • Wer neu baut oder ein schlüsselfertiges Haus kauft, der braucht den so genannten Bedarfsausweis.
  • Wer ein bestehendes Haus oder eine Wohnung verkaufen oder vermieten möchte, der benötigt bei:
    • 1 bis 4 Wohneinheiten, älter als 1.11.1977, den Bedarfsausweis
    • 1 bis 4 Wohneinheiten, jünger als 1.11.1977, den Bedarfs- oder den Verbrauchsausweis
    • über 4 Wohneinheiten, den Bedarfs- oder den Verbrauchsausweis.
    • Wer ein bestehendes Haus grundlegend umbaut, erweitert oder saniert, für den gelten dieselben Regeln wie beim Neubau: Er braucht den Bedarfsausweis.

Ausstellungsberechtigt sind Architekten, Ingenieure, Handwerksmeister und staatlich geprüfte Techniker. Der Aussteller haftet für die Richtigkeit des Ausweises. Der Energieausweis ist zehn Jahre gültig. (Alle Details regelt die EnEV.)

Quelle: Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV)


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