Mehr Erwachsenen-Adoptionen zwecks Steuerersparnis

Bad Salzschlirf (dpa) - Es geht nicht mehr vor allem um die Besiegelung menschlicher Beziehungen, sondern ums liebe Geld. Die Adoption Erwachsener wird nach Experten-Einschätzung zunehmend aus rein finanziellen Erwägungen vollzogen.

Das liebe Geld spielt bei der Adoption von Erwachsenen eine wichtige Rolle. (Bild: dpa)

Bad Salzschlirf (dpa) - Es geht nicht mehr vor allem um die Besiegelung menschlicher Beziehungen, sondern ums liebe Geld. Die Adoption Erwachsener wird nach Experten-Einschätzung zunehmend aus rein finanziellen Erwägungen vollzogen.

«Volljährigen-Adoptionen werden ganz überwiegend zum Zwecke der Ersparung von Erbschafts- oder Schenkungssteuern angestrebt», sagte Rainer Frank, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates des Bundes Deutscher Standesbeamten (BDS) bei einer Fachtagung im osthessischen Bad Salzschlirf.

Bis zu 50 Prozent aller Adoptionen seien Erwachsenenadoptionen, bei rund 90 Prozent stünden die finanziellen Interessen im Vordergrund. Vormundschaftsgerichte verfahren nach Franks Ansicht auffallend großzügig mit der Zulassung. Eine Kontrolle des Missbrauchs von Adoptionen - aus ethischer Sicht - finde nicht statt.

Die Pläne der großen Koalition für eine Reform der Erbschaftsteuer werden nach Einschätzung auch anderer Rechtsexperten einen Boom an Adoptionen auslösen. Der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht, Klaus Michael Groll, hatte vor kurzem eine starke Zunahme von Adoptionen und Eheschließungen prognostiziert.

Für die Eckpunkte der Reform war zuletzt in Berlin eine Einigung erzielt worden. Das neue Erbschaftsteuerrecht soll nach Angaben von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) möglichst zum 1. April 2008 in Kraft treten. Demnach würden nächste Verwandte wie Kinder und Ehepartner künftig deutlich besser gestellt. Dagegen müssen entfernte Verwandte und sonstige Erben mehr zahlen.

Sich mit einer Adoption Steuervorteile zu verschaffen, ist nach Einschätzung des Rechtsexperten der Standesbeamten nicht schwierig. «Wer nicht gerade tollpatschig familienfremde Gründe in den Vordergrund rückt, darf damit rechnen, dass seinem Antrag auf Volljährigen-Adoption stattgegeben wird», sagte der Rechtswissenschaftler Frank, emeritierter Professor der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität. Anders als im Ausland erlaubt das deutsche Recht nicht nur die Annahme Minderjähriger, sondern auch Volljähriger. Es sind einer Erhebung zufolge mittlerweile 5000 pro Jahr.

Die Erwachsenenadoption ist in der deutschen Rechtstradition tief verwurzelt. «Früher waren die Menschen bei der Adoption an wohlklingenden Namen interessiert, später dann vor allem an einem Aufenthaltsrecht. Mittlerweile will man bei Erbschaften schlichtweg Geld sparen», erläuterte Frank. Für Ehegatten, Kinder und Enkel gibt es erhöhte Freibeträge zwischen 500 000 und 200 000 Euro.

Der Gesetzgeber dürfe nicht untätig bleiben, wenn die Erwachsenen- Adoption dabei ist, zahlenmäßig die Minderjährigen-Adoption zu überholen, betonte Frank. Die geplante Reform wird die Zahl sehr wahrscheinlich noch steigen lassen, meinen Experten. Erst wenn mit Adoptionen noch deutlich mehr Steuern gespart werden, werde die Politik die Erbschaftssteuer wohl überdenken.