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Annahmeverzug im Arbeitsrecht

In einem gegenseitigen Vertragsverhältnis müssen die Vertragsparteien die von ihnen vertraglich geschuldete Leistung erbringen und die Leistung des anderen annehmen.

Nimmt ein Vertragspartner die Leistung des anderen nicht an, obwohl sie ihm angebotenen wird, gerät er in den sogenannten Annahmeverzug. Daran sind im Gesetz bestimmte Rechtsfolgen geknüpft (§§ 293 ff BGB).

Im Arbeitsrecht liegen die Voraussetzungen des Annahmeverzuges vor, wenn ein erfüllbares Arbeitsverhältnis besteht, der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung anbietet, die Erbringung der Leistung möglich ist und der Arbeitgeber die Leistung dennoch nicht annimmt. Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer in diesem Fall die Fortzahlung der vereinbarten Vergütung, ohne dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die Leistung nachträglich zu erbringen (§ 615 BGB).

Im Falle eines Kündigungsschutzprozesses gerät der Arbeitgeber regelmäßig in den Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht weiter beschäftigt, obwohl der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung anbietet. Stellt sich im Prozess die Unwirksamkeit der Kündigung heraus, schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach den Grundsätzen des Verzuges das Arbeitsentgelt bis zur Beendigung des gerichtlichen Verfahrens.  Dies stellt für den Arbeitgeber ein erhebliches Prozessrisiko dar.

 

Wie muss der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft anbieten?

Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung tatsächlich anbieten. Hat der Arbeitgeber zu verstehen gegeben, dass er die Arbeitsleistung nicht entgegennehmen wird, reicht auch ein wörtliches Angebot (§§ 294 ff BGB). Im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber ist das Anbieten der Arbeitsleistung nach der Rechtsprechung des BAG entbehrlich, da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen muss. Dies ist nach einer Kündigung nicht der Fall, da der Arbeitgeber mit der Kündigung zum Ausdruck bringt, dass er den Arbeitnehmer gerade nicht weiter beschäftigen will.

Der Arbeitnehmer muss während des Annahmeverzuges leistungsfähig und –willig sein. Der Arbeitgeber hat aber grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest über seine Arbeitsfähigkeit vorlegt, es sei denn dies ist im Tarifvertrag geregelt.

 

Was muss der Arbeitnehmer während des Annahmeverzuges beachten?

Der Arbeitnehmer muss sich ersparte Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten) sowie anderweitige Verdienste anrechnen lassen bzw., das was er böswillig zu erwerben unterlässt (§ 615 Satz 2 BGB).

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Arbeitskraft während des Annahmeverzuges anderweitig einzubringen. Nicht anzurechnen sind aber Nebenverdienste, die auch sonst bezogen werden könnten.

Arbeitet der Arbeitnehmer nicht, obwohl die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit bestand und ihm die Tätigkeit zumutbar war, handelt er böswillig. In diesem Fall wird ihm der hypothetische Verdienst angerechnet.

Der Arbeitgeber ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Arbeitnehmer eine andere Arbeit aufgenommen hat oder hätte aufnehmen können. Der Arbeitnehmer muss sodann Auskunft geben, wie hoch sein Verdienst war.

Der Arbeitnehmer hat auch im Annahmeverzug Anspruch auf Urlaub.

 

Wodurch kann der Annahmeverzug beendet werden?

Der Annahmeverzug endet, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, die Arbeit wieder aufzunehmen. Nach wohl herrschender Meinung muss gleichzeitig die Kündigung zurückgenommen werden. Nicht ausreichend für die Beendigung des Annahmeverzug ist jedenfalls der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages bis zum Abschluss des Kündigungsschutzprozesses. Gegebenenfalls stellt die Ablehnung dieses Angebotes aber ein Verstoß gegen die Pflicht des Arbeitnehmers seine Arbeitsleistung anderweitig einzusetzten (s.o.).

Der Annahmeverzug endet nicht dadurch, dass der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG stellt oder den Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 V BetrVG nicht geltend macht ( >> Anhörung des Betriebsrats). Der Annahmeverzug endet, wenn die Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar ist.

 

Gesetzliche Regelungen

Bürgerliches Gesetzbuch BGB (Auszug)

§ 293 Annahmeverzug

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

§ 294 Tatsächliches Angebot

Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.

§ 295 Wörtliches Angebot

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

§ 296 Entbehrlichkeit des Angebots

Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.

§ 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

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